THOMAS HAUSER
Fotografien
Ausstellung

Ausstellungsdauer: 8.11. – 2.12.2005

- Vortrag am 1.12.2005:
Dr. Margit im Schlaa "Wen oder was jagt Thomas Hauser"


- Abbildungen / pictures

PRESSEMITTEILUNG:

Wir freuen uns sehr, Sie zu Thomas Hausers erster Einzelausstellung Fotografien bei Laura Mars Grp. begrüßen zu dürfen. „Vielleicht geht es bei diesen Aufnahmen um eine Art Jenseits… Die Baumwolle ist der Stoff, aus dem der Himmel gemacht ist. Wenn wir uns darüber erheben, werden unsere unsterblichen Seelen von Kuchen und Muschi erfüllt sein“, schrieb ein euphorisierter Besucher von Hausers Homepage beim Anblick von dessen Fotoserie Dieses Gefühl/Butter. Eben diese Serie löste 2004 gemeinsam mit den anderen Werken der Gruppenausstellung When Love Turns to Poison im Kunstraum Kreuzberg einen veritablen politischen Skandal aus. Hausers Fotos von rasierten weiblichen Geschlechtsteilen, Mädchenschlüpfern und Nylon-bestrumpften Beinen seien pornographisch, leisteten pädophilen Gewaltphantasien und männlichem Voyeurismus Vorschub, war zu hören – ebenso von konservativen Politikern wie auch alarmierten Kinderschützern. Den Höhepunkt fanden die von den Springer-Blättern geschürten Auseinandersetzungen in dem Anschlag eines stadtbekannten Bibelfanatikers; der mehrere Arbeiten der Ausstellung, darunter auch die Arbeiten Hausers, zerstörte. Währenddessen wurde auch die Entlassung der für die Subventionierung der Ausstellung verantwortlichen Bezirksbürgermeisterin gefordert.

Ein Jahr später ist jetzt mit seiner Serie Fotografien die Fortführung von Hausers fotografischer Arbeit bei Laura Mars Grp. zu sehen. Seit 1999 thematisiert er den weiblichen Akt in den Kontexten Malerei, Fotografie, Computersimulation. So liegen seiner Gemäldeserie State One (1999-2004) Mädchen–Fotos aus dem Internet zugrunde, die der Künstler bearbeitet und zu Malerei transformiert. Während State One die Beziehungen zwischen Maler und Modell, Begierde und Anonymität, formaler Strenge und Fetischisierung untersucht, werden gerade in dem Aufgreifen von fotografischen Unschärfen die Bezüge zur Gegenwartskunst offensichtlich – zu Gerhard Richters Bildern der Sechziger und Siebziger, zu Thomas Ruffs Nudes, oder den Bildaneignungen von Richard Prince (Spiritual America,1986)

Dagegen besitzen Hausers jüngere Fotografien eine beinahe intime Ausstrahlung. Der vorwiegend inszenierten Ausgangssituation seiner Serie Dieses Gefühl/Butter stehen jetzt improvisierte Momente gegenüber, die an die Modephotografie von Jürgen Teller oder Terry Richardson denken lassen. Über zwei Jahre in enger Zusammenarbeit mit einem Laienmodell entwickelt; fungieren Hausers Fotografien wie ein fortlaufendes Portrait: Auch wenn das Gesicht des Modells nie zu sehen ist, ergeben die unterschiedlichen Posen, Stoffe, Lichtverhältnisse, Ausschnitte ein assoziatives Abbild von Gefühlszuständen, körperlichen Befindlichkeiten, ästhetischen und sexuellen Präferenzen, Sehnsucht und Einsamkeit. Hierbei bildet die wechselhafte Balance zwischen Hauser und seinem (durchaus erwachsenen) fotografischem Subjekt ein subtiles, erotisches Spannungsfeld, das ohne die üblichen Hierarchien funktioniert und nur so pornographisch ist, wie der Blick, dem es sich eröffnet.


Homepage:
www.thomashauser.net


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VORTRAG von Dr. Margit im Schlaa (1.12.2005)

Dr. Margit im Schlaa analysiert in ihrem Vortrag die verschiedenen künstlerischen Strategien, mittels derer Thomas Hausers Foto-Serie "Fotografien", die pornotopische Schau-Lust des Betrachters provoziert. Dabei konzentriert sie sich nicht allein auf die Beschreibung der Darstellung des durchgängigen Motives, des Lolita-mäßig inszenierten weiblichen Geschlechts, sondern verweist auf strukturelle Parallelen zur filmischen Inszenierung der TV-Serie "Twin Peaks", die den Zuschauer in eine ähnliche Dauerspannung versetzt wie Hausers Foto-Serie."

Dr. Margit im Schlaa ist promovierte Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin. Im Zusammenhang ihrer Arbeit in Forschungs- und Kulturprojekten beschäftigt sie sich mit zeitgenössischer Kunst, genderspezifisch definierten Aufgabenbereichen (z.B. gendermainstreaming), gesamtgesellschaftlich relevanten Themen (wie der neoliberalen Ökonomisierung aller Lebensbereiche und deren Folgen) sowie kulturpolitischen Fragestellungen und Initiativen, die den Stellenwert von Kunst und Kultur als Ideenlieferanten für Politik und Gesellschaft erkennen und fördern.

Der Vortrag als *pdf-Datei zum Download